Zum Inhalt

18. Die Befreiung des Menschen aus der angeborenen Not

In der Art und Weise, wie der Mensch geschaffen ist, wird deutlich, wie allein die persönliche Befreiung stattfinden kann. Durch die Tatsache, dass ein Geist sich nur von innen steuern kann, kann auch nur jedes Individuum selbst das von Gott geschaffene Neue Leben anwenden. Es steht wie ein Medikament oder ein Heilmittel bereit, kann aber nur vom Einzelnen aufgenommen werden. Wenn der Mensch es jedoch nicht durch den Glauben aufnimmt und es zu seinem Leben macht, dann war für ihn persönlich die Erschaffung des Neuen Lebens von Seiten Gottes vergeblich.

Befreiung und Erlösung vom angeborenen Irrtum ist nur in einer Zusammenarbeit mit Gott möglich. Gott erschuf das Mittel, die Anwendung unterliegt dem Einzelnen. Somit trägt der Mensch selbst die Verantwortung, ob er befreit wird. Niemand kann an seiner Stelle etwas in ihm tun, außer der Mensch selbst. Allerdings bedarf es dazu einer gewissen Fähigkeit der Selbsterkenntnis, des Bewusstseins über die Gesetze in der Natur und der Erkenntnis der geistigen Abhängigkeit von Gott, um dies zu tun.

Ich möchte den Prozess der Annahme des Neuen Lebens durch den Glauben anhand meiner persönlichen Erfahrung erklären.

Bereits seit der frühen Kindheit war es meine Vorstellung, dass eine glückliche Familie zu haben die Erfüllung meines Lebens sei. So kam es, dass ich schon in jungen Jahren heiratete, damit dieser Traum schnell in Erfüllung ginge. Es kam jedoch anders als erwartet.

Mein erstes geistiges Bedürfnis ist die Harmonie. Somit war meine Erwartung an meine Ehefrau recht groß, mir gerade dieses Verlangen zu stillen. Es waren im Wesentlichen drei Bedürfnisse, deren Erfüllung ich von meiner Frau erwartete:

1. Ich wollte, dass sie mich versteht. Dass sie mein Innerstes begreift und darauf eingeht.

2. Ich wollte, dass sie mir zuhört, wenn ich etwas zu erzählen habe. Sie wusste jedoch bereits alles besser und ich kam nicht zu Wort.

3. Dies war ein außergewöhnlicher Wunsch, nämlich, dass sie am Morgen, wenn sie aufwacht, lächeln sollte. Als Harmoniebedürftiger lebte ich von ihrem Lächeln.

In dem Irrtum meines Herzens schien es mir selbstverständlich, dass meine Frau mir diese Bedürfnisse stillen sollte. Da meine Erwartungen jedoch nicht erfüllt wurden, war ich in der Beziehung unglücklich. Als Christ aufgewachsen hatte ich gelernt, dass die Ehe nicht einfach nach Belieben aufgegeben werden kann, sondern für ein Leben lang gilt. So fügte ich mich in diese Lage, ohne innerlich dazu zu stehen.

Im Unglück sucht man seine Bedürfnisse mit anderen Mitteln zu befriedigen. So wurde ich filmsüchtig, vom Internet abhängig und sportsüchtig. Je unzufriedener ich mit meiner Frau war, umso stärker wurden die Süchte.

Gleichzeitig war ich in meiner Kirchengemeinde sehr aktiv, weil ich von Kindheit an Pastor werden wollte. Ich setzte mich ein, wo ich nur konnte, ohne zu wissen, dass auch diese Aktivitäten nur ein Versuch waren, den Sinn meines Lebens zu erfüllen. Ich fand jedoch nirgends meine Befriedigung. Mein Beruf als Arzt in der Klinik, meine Aktivitäten in der Kirchengemeinde, zu Hause mit der Familie, dies alles füllte mich nicht aus. Meine Erwartungen an meine Umwelt erfüllten sich nicht. Ich hatte keine Ahnung davon, wieso ich so unglücklich, getrieben und rastlos war.

Somit kam ich zum Ende des Jahres 2002, nachdem ich meinen Facharztabschluss absolviert hatte, zu dem Schluss, dass ich eine Pause brauchte und beschloss, ein Sabbatjahr zu nehmen. Es bestand der Wunsch, die familiäre Situation zu verbessern, um die Ehe weiterführen zu können.

Um das Bild unserer Familie zum Ende des Jahres 2002 deutlich zu machen, ist noch ein weiterer Aspekt zu erwähnen. In unserer Kirchengemeinde kam es 1998 zum Bruch in einer Familie mit 6 Kindern. Dabei stellte sich die Frage, was aus den verlassenen Kindern im Alter von 7-17 Jahren werden sollte. Unter Gottes Führung nahmen wir kurzentschlossen die Kinder in unsere Familie auf und wurden Pflegeeltern von 6 Kindern. Diese Situation war anstrengend, aber für mich sehr erfüllend. Ich liebte die Kinder und verbrachte viel Zeit mit allerhand Aktivitäten zusammen mit ihnen.

Diese neue Situation, obwohl bereichernd, machte mich jedoch immer noch nicht zufrieden. Der Traum von einer Frau, die mich glücklich machen sollte, war ständig in meinen Gedanken. Weil ich jedoch nicht auf die Kinder verzichten wollte, nahm ich Ende 2002 dieses Ausstiegsjahr. Ich wollte alle Mittel nutzen, um in der Familie glücklich zu werden. Ich nahm mir vor, mehr auf meine Frau einzugehen, damit diese sich ändert und wir weiter als Familie bestehen könnten.

Der Plan ging jedoch nicht auf. Bereits nach den ersten Monaten des Jahres 2003 kam ich zu dem Schluss, dass ich meine Frau nicht ändern kann. Nach den Vorstellungen, die ich damals hatte, blieb mir nichts anderes übrig als die Scheidung und die Suche nach einer anderen Frau, welche mich glücklich machen würde. In meiner Not war ich auch bereit, auf die Pflegekinder zu verzichten, nur um endlich glücklich zu werden. Ich war damals 39 Jahre alt und dachte, wenn ich es jetzt nicht tue, bleibe ich mein Leben lang unglücklich.

Ich machte einen neuen Plan, zum Ende des Schuljahres die Trennung vorzunehmen. Ich kündigte den Mietvertrag für das Haus, in dem wir mit den Kindern wohnten. Die noch minderjährigen Kinder würden zu ihrer Mutter ziehen, ich würde zu meiner Mutter umsiedeln und meine Frau könnte ebenfalls bei ihren Eltern einziehen Somit wäre jeder versorgt gewesen und hätte eine Bleibe gehabt.

Noch bevor der Plan zur Trennung im Sommer 2003 entstand, hatten wir eine Reise in die USA geplant, um eine Familie zu besuchen, in der die Eheleute auch Eheberater waren. Die Reise war fest gebucht und obwohl meine Entscheidung für die Trennung feststand, sind wir zum vereinbarten Termin geflogen. Nach einem ca. 3-stündigen Eheberatungsgespräch am 1. Juni 2003, in dem ich meine Position fest verteidigte und auf eine Versöhnung nicht eingehen wollte, kam mir ein Gedanke, welcher lautete: „Wenn du auf meine Gebote achten wirst, werde Ich mich um deine Bedürfnisse kümmern.“

Es war ein ungewöhnlicher Gedanke, der mich zuerst erfreute, weil mir die Perspektive angeboten wurde, dass ich glücklich werden konnte. Als ich weiter darüber nachdachte, wurde mir jedoch die Bedingung für die Befriedigung meiner Bedürfnisse bewusst: „Die Gebote halten“. Als Christ kannte ich die 10 Gebote von meiner Kindheit auf, und in meinem Fall galt das 7. Gebot, welches sagte, man solle die Ehe nicht brechen.

Ich argumentierte in meinen Gedanken, dass ich ja in der Familie 20 Jahre zumindest körperlich treu gewesen war, aber doch nicht glücklich geworden bin. Und jetzt sollte ich in der Familie bleiben, damit ich glücklich werde? Ich verstand es nicht und so ließ ich davon ab, weiter darüber nachzudenken.

Eine Woche später saßen wir mit der Eheberaterfamilie zusammen, um uns zu verabschieden. Wir waren 10 Leute zusammen in einem Raum, meine Frau und ich mit drei von unseren Pflegekindern im Alter von 14, 16, und 18 Jahren und die Familie mit ihren drei Kindern in ähnlichem Alter. Es sollte ein kurzer Gedankenaustausch über unsere gemeinsam verbrachte Zeit sein. Während dieses Gespräches wandte sich der Familienvater mir zu und fragte plötzlich: „Bist du entschlossen“… Als ich diese Worte hörte, war ich sicher, dass er mich fragt, ob ich entschlossen bin, mich von der Familie zu trennen, weil ich das bis dahin immer deutlich kommuniziert hatte. Ohne den Rest der Frage abzuwarten, antwortete ich laut und deutlich mit einem „Ja“. Allerdings war seine Frage genau anders herum gestellt: „Bist du entschlossen, bei deiner Familie zu bleiben?“ Mein lautes und deutliches „Ja“ war nicht zu überhören. Die Kinder und auch ich waren erstaunt, weil sie wussten, ich war entschlossen zur Trennung, nicht zum Bleiben. Ich war in eine Zwickmühle geraten, aus der ich eine Lösung brauchte. Ich hatte zu etwas Ja gesagt, was ich gar nicht meinte.

Mir stand nur die sofortige Rücknahme des „Ja’s“ oder seine Annahme zur Wahl. Was mich bewogen hat, mich hinter das Ja zum Bleiben bei der Familie zu stellen, weiß ich nicht, aber ich habe es innerlich getan. In dem Moment erfüllte sich die Verheißung Gottes, dass meine Bedürfnisse befriedigt würden, wenn ich bei der Familie bleiben werde.

Ich kann nicht erklären, wie es geschah, aber mein großer Hunger, von einer Frau geliebt zu werden, war weg. Mein Getriebensein und meine Rastlosigkeit nahmen ein sofortiges Ende. Ich habe einen inneren Frieden bekommen, welcher mich seitdem nicht verlassen hat. Alle Süchte, die mich in meinem Unglücklichsein begleitet hatten und gegen die ich bis dahin erfolglos gekämpft hatte, waren weg. Sie sind bis heute, mehr als 20 Jahre später, nicht mehr aufgetreten.

Die Erfahrung war so beeindruckend, dass ich sie nicht wirklich beschreiben kann. Mein ganzes inneres Leben war verändert worden, ich war aus einem inneren Gefängnis befreit. Auch mein Körper reagierte darauf und ich wurde geheilt von meinen jahrzehntelangen Rückenschmerzen. Meine Migräne, die ich seit dem 15. Lebensjahr hatte, ist seitdem verschwunden.

Diese Erfahrung halte ich für den Austausch des Lebens. Ich gab mein altes Leben auf, welches vom Irrtum geprägt war, dass ein anderer Mensch mich glücklich machen muss, und bekam das Neue Leben, das Gott in seinem Sohn geschaffen hatte, in mein Herz. Es verband mich mit der Quelle der Liebe und des Friedens und somit konnten meine Bedürfnisse gestillt werden.

In der Zeit vor diesem Erlebnis hatte ich ab und an große Zweifel, ob es Gott wirklich gibt oder nicht. Ich konnte Ihn nicht fassen und überlegte manchmal, wo Er denn sei. Diese Erfahrung gab mir jedoch einen klaren Hinweis, dass Er existiert und die Quelle allen Glückes ist.

Um meine Zweifel endgültig zu beseitigen, gab Er mir in der inzwischen 20-jährigen Erfahrung in der Praxis auch die unwiderlegbaren Beweise seiner Existenz. Das geistige Verlangen des Menschen nach Liebe, Freiheit, Gerechtigkeit, Sicherheit usw. kann nur aus Ihm und von Ihm gestillt werden. Die Erfüllung unserer geistigen Bedürfnisse erfolgt ganz sicher nicht über bzw. durch andere Menschen oder irgendwo in der Natur. Es ist andererseits unmöglich, dass wir offensichtliche Bedürfnisse haben, für die es keinen Weg und keine Quelle gibt, woraus sie gestillt werden können. Gott hat es so eingerichtet, dass Er allein die geistigen Bedürfnisse des Menschen erfüllen kann.