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5. Der Geist des Menschen – wir sind mehr als nur Materie

Der Mensch hat etliche Fähigkeiten, die sich mit „Chemie“ allein nicht erklären lassen. Es existiert etwas im Menschen, das über die Materie hinausgeht. Nur wenn wir diesen Bestandteil finden, können wir die Ausgangsfrage beantworten, woher die Krankheit kommt. Das Gehirn an sich kann – wie eben gezeigt – als rein materielles Element nicht eigenständig denken. Das Gehirn kann nicht der Ursprung von Gedanken sein. Es wird zwar zwingend zum Denken benötigt, aber es kann nicht selbständig denken.

Was aber ist dann der Ursprung der Gedanken? Alles was ich finden konnte, war, dass der Mensch und auch das Tier einen Geist haben müssen. Ein Geist ist unsichtbar und lässt sich physisch nicht direkt nachweisen, aber es gibt dennoch nachvollziehbare Beweise, die seine Existenz belegen.

Belege für die Existenz eines (immateriellen) Geistes:

1. Die geistigen Bedürfnisse bei Menschen und Tieren

Es existiert eine ganze Reihe geistiger Bedürfnisse, die sich sowohl bei Menschen als auch Tieren beobachten lassen: Freiheit, Sicherheit, Neugier bzw. Erkenntnis und viele andere. Die geistigen Bedürfnisse des Menschen gehen zweifellos noch erheblich über die von Tieren hinaus, etwa hinsichtlich Gerechtigkeit, Wahrheit, Verantwortung, Moral, Wertschätzung usw. Dabei lässt sich die Aufzählung der geistigen Bedürfnisse des Menschen nicht wirklich abschließen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie alle nicht-chemischer Natur sind, es gibt keine „Freiheit“ als Dosis in Tablettenform.

Bedürfnisse als solche müssen von einer Einheit angefordert werden. Dort wo es diese Einheit nicht gibt, ist auch das Bedürfnis sinnlos, weil nicht notwendig. Es gibt im Menschen eine Einheit, die die geistigen Bedürfnisse anfordert, aber welche ist es? Was oder wer im Menschen will Freiheit? Verlangen unsere Gehirnzellen nach diesen geistigen Bedürfnissen? Oder ist es das Herz, die Leber oder der Magen? Kann es sein, dass die Gehirnzellen z. B. Verständnis von anderen Menschen benötigen, um zu funktionieren? Protestiert und regt sich eine Zelle auf, wenn einem selbst oder einer anderen Person ein Unrecht geschehen ist?

Es ist offensichtlich für unseren Verstand, dass dies nicht der Fall ist. Es muss also etwas im Menschen und auch im Tier geben, was nach geistigen Dingen verlangt. Etwas, was unterscheiden kann zwischen dem, was Wahrheit und Lüge, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, Sicherheit oder Unsicherheit ist. Etwas, dass eine liebevolle Tat von einer Lieblosigkeit trennen kann. Menschen sind dazu ganz offensichtlich in der Lage. Woher kommt diese Fähigkeit? Mir blieb keine andere Erklärung, als zu akzeptieren, dass der Mensch mehr als nur Materie sein muss. Die Existenz einer geistigen Einheit kann nicht von der Hand gewiesen werden. Und da wir den Begriff dafür schon alle kennen, haben wir also einen Geist.

2. Die Abhängigkeit des Körpers vom Geist

Unser Körper, bestehend aus Chemie, hat ähnlich einer Pflanze physische Bedürfnisse, welche er sich nicht selbst erfüllen kann. So wie eine Pflanze darauf angewiesen ist, dass ihr durch Natur oder Mensch Wasser verfügbar gemacht wird, damit sie es aufnehmen kann, ist auch unser Körper vom Geist abhängig, der ihm die physischen Bedürfnisse stillt. Der Körper signalisiert deshalb mit Hunger und Durst, Frieren und Schwitzen, welche Bedürfnisse er hat. Damit zeigt der Körper dem Geist, was ihm fehlt oder zu viel ist. Der Körper kann sich Nahrung und Wasser nicht selbst herbeiholen. Nur der Geist kann den Körper mit Nahrung, Wasser, Sauerstoff usw. versorgen. Der Körper nimmt diese Stoffe dann auf und verarbeitet sie, aber „beschaffen“ kann er sie sich nicht selbst. Es ist der Geist, der den Körper steuert. Erst dadurch kann der Mensch sich bewegen, selbst wenn er nur zum Kühlschrank oder Wasserhahn geht.

Ohne einen Geist wäre der Körper nicht in der Lage, sich zu versorgen. Deshalb richtet sich das Signal des Körpers an den Geist, einen Mangel zu beheben. Hunger geht von den Zellen aus, aber den Hunger an sich spüren kann eine Zelle nicht. Hunger ist also kein Signal von einer Zelle an eine andere, sondern von den Zellen (Materie) an den Geist. Und dieser kann dann dem Körper sein Bedürfnis erfüllen – oder aber es verweigern. Dies führt uns zum dritten Beweis, dass wir einen Geist haben müssen.

3. Der Vorrang des Geistes und seiner Bedürfnisse vor den körperlichen Bedürfnissen

In einem Konfliktfall im Leben eines Menschen, der zwischen „Liebe“ (als Begriff für geistige Bedürfnisse) und Leben zu entscheiden hat, ist die Liebe wichtiger als das Leben. Diese Rangfolge konnte ich immer wieder beobachten. Es gibt viele Ehepaare, wo beide Partner sich wünschen, vor dem anderen zu sterben, weil sie nicht alleine leben möchten. Ein älterer Patient sagte mir, er sei vorbereitet, dass wenn seine Ehefrau stirbt, er dann auch gleich nach ihr sterben werde. Im Falle eines jungen Mannes war es tragisch, als seine Freundin die Beziehung beendete. Er konnte diese Situation nicht ertragen, besorgte sich die Pistole seines Vaters, lud das Mädchen zu einer Spritztour ein und erschoss erst sie und dann sich selbst.

Die Priorität der geistigen vor den körperlichen Bedürfnissen konnte ich sehr deutlich bei meinen Patienten feststellen. Wir sehen dies auch im Alltag, dass man auf Nahrung, Schlaf und Erholung verzichtet, nur um sein geistiges Verlangen zu verfolgen. Es wird nicht viel Rücksicht genommen auf die körperlichen Bedürfnisse während der Jugendzeit, wenn einem die Befriedigung der geistigen Bedürfnisse auf einer Party wichtiger sind als das Leben selbst.

Dabei gilt ohne Ausnahme, dass jeder Mensch mit dem Leben allein unzufrieden wäre. Ich habe meine Patienten häufig gefragt: „Wären Sie denn zufrieden, wenn sie nur leben würden?“ Niemand antwortet, dass ihm das Leben allein genug wäre. Es gibt bei jedem Menschen etwas, das ihn antreibt, seinem Leben Sinn gibt, ohne das er nicht zufrieden ist. Ich konnte beobachten, dass es der (vermeintliche) Verlust des Sinnes im Leben ist, welcher zu geistiger Belastung führte und sich anschließend als Krankheit im Körper zeigte. Die Krankheit ist nicht die Folge davon, dass ein Mensch um sein „Leben“ kämpft. Sondern die Krankheit ist die Folge davon, dass ein Mensch den „Sinn“ seines Lebens nicht erfüllen kann oder verloren hat.

Auch bei einer Sucht geht es um die Sinnerfüllung, nicht um das Leben an sich. Und da die geistige Not immer größer wird, sehen wir auch so viele süchtige Menschen. Der Sinn kommt immer vor dem Leben, was beweist, dass ein Geist über dem Körper steht, und der Mensch eher auf sein Leben verzichtet als auf die Erfüllung seines Sinns.

Somit ist die bekannte „Maslowsche Pyramide“ falsch herum aufgebaut. Sie ist hauptsächlich aus physischen Bedürfnissen zusammengesetzt und erst an der Spitze kommen ergänzend geistige Aspekte hinzu.1 Die Realität des menschlichen Lebens zeigt, dass die Bedürfnispyramide des Menschen in Wahrheit überwiegend mit geistigen Bedürfnissen gefüllt ist und nur nachrangig mit körperlichen Nöten. Ja, wir brauchen beides, wir haben physische und geistige Bedürfnisse. Dennoch sind die geistigen Bedürfnisse wichtiger als die Bedürfnisse des Körpers.

Was ist es nun genau, das den Menschen fähig macht, den Sinn des Lebens höher zu bewerten als das Leben selbst? Wer ist die führende Kraft im Menschen? Ist es das Gehirn – also der Körper – oder der Geist?

4. Die Fähigkeiten des Geistes übersteigen die des Körpers

Der Körper kommuniziert mit dem Geist, indem er ihm – ebenfalls über die Nerven – Gefühle und Emotionen sendet. Diese beschreiben ein Verlangen des Körpers. Muss der Geist nun auf das Verlangen des Körpers eingehen oder kann er es verweigern? Die Erfahrung zeigt uns, dass, wenn der Geist etwas nicht tun will, der Körper noch so viele und dringliche Signale senden kann und sein Bedürfnis trotzdem nicht gestillt wird. Der Geist ist eine Einheit, die nicht zu einer Handlung gezwungen werden kann.

Ich konnte anhand seiner Funktionen drei Dinge über den Geist herausfinden.

  1. Ein Geist ist ein geschlossenes System und kann nicht von außen gesteuert werden. Ein Geist kann von außen beeinflusst werden, aber nur er bestimmt, ob er diesen Einfluss übernimmt oder nicht.
  2. Ein Geist kann sich nur selbst steuern und das tut er von innen heraus.
  3. Ein Geist ist immer aktiv, d. h. Passivität gibt es im Geist nicht.

Die Fähigkeit zur Entscheidung ist der wohl wichtigste Unterschied zwischen einem physischen und einem geistigen Element. Das physische Element kann nicht „Nein“ sagen, es gehorcht Befehlen, die von außerhalb kommen. Ein Stück Holz kann sich nicht wehren, wenn jemand es bearbeitet. Der Körper kann nur reagieren und verstoffwechselt Chemie. Er reagiert entsprechend den Befehlen, die er erhält. Ein Geist nimmt grundsätzlich keine Befehle entgegen, sondern handelt eigenständig.

Somit sind die Fähigkeiten eines Geistes

  1. zur eigenen Aktion (kann von sich heraus agieren, kommt auf eine Idee etc.)
  2. des Verweigerns der Reaktion auf einen äußeren Impuls (ein „Nein“)

in der Materie nicht zu finden.

Auch ein Geist muss zunächst Informationen bearbeiten, um irgendetwas zu tun. Aber er agiert selbst und reagiert, wenn er will, oder er reagiert nicht und verweigert sich dem äußeren Impuls. Deswegen kann der Geist der Materie nicht gleich sein. Weil er der Materie überlegen ist, kann der Geist auch nicht aus der Materie entstehen.

Wenn der Körper seine Nahrung verlangt, kann der Geist diesem Verlangen folgen. Der Geist kann aber auch entgegen einem dringlichen Signal aus dem Körper frei entscheiden, auf Nahrung zu verzichten. Deshalb kann der Mensch in einen lebensbedrohlichen Hungerstreik treten, wenn er sich damit ein höheres geistiges Bedürfnis erfüllt.

Dies alles zeigt, dass die Materie den Geist beeinflusst, aber nicht steuern kann. Sie kann den Geist behindern, indem sie als Reaktion dem Geist Unwohlsein und Schmerzen macht. Die körperlichen Reaktionen können aber den Geist nicht zwingen, dem Körper (Materie) zu gehorchen.

Damit ist klar, dass der Geist kein Element ist, dem man etwas befehlen kann, wie dies mit der Materie geschieht. Da der Geist sich von innen heraus steuert, muss er die angebotene Information auf deren Richtigkeit prüfen, dahingehend, ob sie seinem geistigen Bedürfnis entspricht. Wird ihm etwas angeboten, was seinem Bedürfnis entspricht, nimmt er es an und handelt danach. Entspricht es dem nicht, handelt er nicht nach dem, was ihm jemand anbietet. Er hat also ein klares „Nein“ als Handlungsmöglichkeit, was sich so in der Materie nicht findet.

Auch bei Folter ist es letztlich das Ziel, den Geist über den Körper zu erreichen. Der Körper wird beschädigt oder zerstört, was der Geist fühlen und ertragen muss. Aber auch dieser Prozess kann den Geist nicht zum Handeln zwingen. Viele Menschen, die gefoltert wurden, haben nie nachgegeben, ganz egal wie groß die Qual war. Dies ist ein weiterer Beweis, dass es zwei Einheiten im Menschen geben muss.

5. Die Steuerung des Körpers durch die Gedanken des Geistes

Getroffene Entscheidungen sind Befehle für das Gehirn, keine Signale oder Bitten. Der Körper als physisches Element muss auf seine Außenwelt reagieren. Er hat keine Wahl. Die Bewegungen der Hände sind nichts weiter als die Impulse, die Befehle des Geistes, die der Körper ausführt. Der Körper kann nicht „Nein“ dazu sagen.

Am Beispiel einer Panikattacke können wir das Zusammenspiel dieser zwei Einheiten betrachten. Der Geist des Menschen interpretiert eine Situation als eine lebensbedrohende Gefahr, eine Schrecksekunde bringt den Körper in Millisekunden zu einer chemischen Ausschüttung von einer Reihe von Hormonen, die den Stoffwechsel des ganzen Körpers verändern. Hat der Körper dabei eine Wahl? Nein, er muss so reagieren, wie er voreingestellt ist. Auch wenn die Panik auf einer Täuschung beruht, ist die körperliche Reaktion dieselbe. Manchmal träumt man etwas Schlimmes und sagt sich dann nach dem Aufwachen erleichtert: „Es war nur ein Traum!“ Ungeachtet dessen ist die körperliche Reaktion trotzdem da. Das gilt auch für die Panik, die man sich freiwillig durch dahingehende Filme erzeugt.

Damit der Geist den Körper über Gedanken steuern kann2, muss er nach dem Naturgesetz dem Körper physische Impulse zuführen. Ohne diese könnte er den Körper nicht in Bewegung bringen. Wir haben gesehen, dass unser Gehirn mit elektrischem Strom funktioniert. Und diese Impulse müssen irgendwoher kommen. Das Gehirn selbst kann sie sich nicht geben. Dies zeigt der Unterschied zwischen einem lebenden und einem toten Menschen. Was fehlt im Gehirn des toten Menschen? Es ist der elektrische Strom! Wieso fehlt dieser jetzt? Wie kommt der Strom überhaupt in die Hirnrinde? Wer ruft im Gehirn den elektrischen Impuls hervor?

Das Gehirn ist als Materie nicht fähig, sich selbst den Stromimpuls zu setzen, mit dem es angetrieben wird.3 Wäre es in der Lage, sich das Mittel, womit es angetrieben wird, selbst zu verschaffen, wäre es ein Perpetuum mobile. Damit wäre aber das Grundgesetz der Abhängigkeit und das Prinzip des Kanals aufgehoben. Das Gehirn würde andersartig funktionieren – nicht nur als alle anderen Organe des Menschen, sondern auch anders als alle beobachtbaren Elemente im Universum.

Der Geist ist es, der über Gedanken und Entscheidungen den elektrischen Stromimpuls auslöst. Der Geist hält das Gehirn quasi „in Bewegung“. Diese Ströme lassen sich messen. Sie sind nichts anderes als die Aktivität des Geistes am Hirn. Das Hirn kann sich selbst keine elektrischen Impulse setzen, wie sich am toten Menschen zeigt. Nach dem Gesetz der Natur belegt damit der tote Mensch, dass der lebendige Mensch einen Geist haben muss.

Die Beweise für die Existenz eines Geistes lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Ohne Geist hätten wir als Menschen

  • keine geistige Aktivität
  • keine geistigen Bedürfnisse
  • keine Sinneswahrnehmungen (fühlen, sehen, riechen, schmecken, hören)
  • keine Gedanken
  • keine Bewertungen (Wahl zwischen Ja oder Nein)
  • keine Verantwortung
  • keine Moral
  • keine Spiritualität
  • keine Möglichkeit, den Körper zu bewegen.

Ein Körper ohne Geist ist demnach tot. Deshalb stellt sich nun unweigerlich die Frage: Wenn die Materie ihn nicht erzeugen kann, woher kommt der Geist dann?


  1. Maslow, A. H. (1943): A theory of human motivation. Psychological Review. 50 (4), S. 370-396. 

  2. Auch die Atmungsfunktion wird durch einen chemischen Prozess in der Gegenwart des Geistes gesteuert. Dieser chemische Prozess läuft nur und solange, wie der Geist ihn steuert, aber wie er zu funktionieren hat, ist keine Entscheidung des Geistes. Anders als bei der Entscheidung über die Nahrungsaufnahme kann man die Atmung zwar beindruckend trainieren, aber bewusst selbst nicht dauerhaft beenden. Somit bedeutet Steuerung nicht ausschließlich, dem Körper Befehle zu geben, sondern auch die im Körper festgelegten Prozesse innerhalb eines festgelegten Rahmens aufrechtzuerhalten. 

  3. Es geht um komplexe Steuerungsimpulse, die ausgehend von der Hirnrinde den gesamten Körper durchlaufen, nicht um die Energieversorgung des Gehirns durch den Körper an sich.